HARALD PIGNATELLI

Journalist / Moderator

Berlin-Charlottenburg

Der Moderator Harald Pignatelli verleiht der Stadt Berlin ein Gesicht – im ZDF, dem RBB oder der ARD sowie auf zahlreichen Veranstaltungen im Rahmen der Berlinale oder bei Galas der UNICEF, für die er als Botschafter aktiv ist.

Was ist „Made in Berlin“ für dich?

„Made in Berlin“ ist ein Zusammenschluss von Leuten, die hinter Berlin stehen und hinter den Produkten, die die Stadt hervorbringt, sei es profit oder non-profit.

Wie verseucht von der Gratis-Gesellschaft sind wir, und wie gehst du damit um?

Ich mache natürlich auch gerne Charity, wenn ich weiß: Das ist schon ein ganz gutes Projekt, hinter dem ich stehe. Aber alles andere blocke ich doch mehr oder weniger konsequent ab. Man muss Geld verdienen und auf seinen Ruf achten, das ist nun einmal so. Danach entscheide ich, und ich habe da nie ein schlechtes Gewissen.

Made in Berlin im Gespräch mit Harald Pignatelli, Journalist

Ansonsten kann das nicht professionell gemacht werden ...

Bei mir ist natürlich auch der RBB dahinter, also das öffentlich-rechtliche Fernsehen, so dass ich immer gucken muss: Für wen, wer steckt dahinter? Für welches Geld? Beim Fernsehen steht man einfach für eine gewisse Unabhängigkeit.

Wie sehr ist deine Arbeit mit Berlin verbunden?

Die Frage habe ich mir häufig gestellt, inwieweit Berlin für mich Dreh- und Angelpunkt für alles ist. Ich bin früh aus Berlin rausgegangen, das war noch vor dem Mauerfall. Ich bin Westberliner, bin in Charlottenburg groß geworden, in Zehlendorf und Moabit – und mochte vielleicht als einziger Westberliner diese Stadt nicht immer. Ich fand, Berlin war immer unglaublich laut, hat sich ganz viel vorgenommen und zu wenig umgesetzt. Berlin hat gerne auf Weltstadt gemacht, ohne wirklich zu schauen, was Weltstadt ist. Da brauchte man nur eine Stunde fliegen, nach London oder Mailand, und man wusste, wie´s geht. Hier wurde meist nur so getan.

Und dann kam der Mauerfall ...

Ja. Zu der Zeit war ich in Italien. Dort habe ich sechs Jahre lang gelebt und gearbeitet. Ich kam zurück und dachte mir: „Oh mein Gott! Wie soll denn daraus was werden?“ Und dann – später – kam der Moment, als ich dachte, jetzt wird es die Stadt. Hier möchtest du sein und hier möchtest du arbeiten und leben. Mittlerweile hat sich Berlin zu einem Schmelztiegel entwickelt, der aber angenehm ist.

Wie empfindest du den „Leidensweg“ unserer Stadt der neunziger Jahre?

Ich hab den voll mitgemacht.

Erzähl mal!

Zunächst einmal war man als Westberliner total neugierig auf den Osten: Wie haben sie dort gelebt, was gab es da? Wie haben sie dort die Wende mitbekommen? Je mehr Fragen ich stellte, desto mehr schräge Ant­worten bekam ich. Dann hab ich mir gedacht: ach, egal. Aber heute ist meine Einstellung eine ganz andere. Da stehen Biografien dahinter, die eben völlig anders waren als bei uns im Westen.

War das in Berlin immer schon so: „Starrsinn trifft auf unmögliche Mischungen?“

Ich glaube schon. Das hat was mit dem Naturell der Menschen hier zu tun. Berlin ist eingebettet in Brandenburg, und der Brandenburger ist bodenständig (worauf er übrigens starken Wert legt); der Berliner ist laut, macht aber häufig auch so ein wenig den Schwanzeinzieher ...

Das musst du mir erklären.

Gern wird gepoltert und gemacht und getan, aber wenn es darum geht, Ansprüche auch durchzusetzen, dann wird es auf einmal relativ leise. Vielleicht kommt das bei mir auch nur so an, aber ich habe das über die fast 50 Jahre, die ich nun in Berlin lebe, so erfahren. Ich würde mir wünschen: etwas weniger laut sein und etwas mehr durchsetzen am Ende, das wäre schöner.

Machen die Italiener das besser?

Na, wenn man sich die heutige wirtschaftliche Situation so anschaut, können sie es anscheinend nicht besser; auf der anderen Seite haben die Südländer nach wie vor das Savoir-vivre. Vom Gemüt her heller gestimmt.

Lass uns über „Made in Berlin“ sprechen. Unser Ziel ist es ja, eine Stimme innerhalb der Stadt zu entwickeln ... Was gefällt dir an der Initiative?

Ich finde es gut, wenn sich positive Kräfte vereinen und daraus etwas Neues entsteht. Bei „Made in Berlin“ finde ich es auch angenehm, dass da nicht so ein Druck dahinter steht, und keine Vereinsmeierei.

Wie wird sich der Verein entwickeln?

Wichtig für mich wäre, dass Joint Ventures entstehen, dass man über die vielen Kontakte, die man hat, neue gewinnt. Es ist sehr wichtig, lokal und global tätig zu sein, also „glokal“, und auch über die Grenzen der Stadt hinauszugehen.

Ist Berlin zu selbstgenügsam?

Naja, das ist zum einen die „gelernte“ Insellage der Stadt. Damals musste sie sich vermeintlich gegen den Rest der Welt schützen. Das ist zwar Schnee von gestern, aber bleibt in manchen Köpfen und wird auch tradiert – das sollte man aufbrechen. Ich würde mich freuen, wenn auch politisch mehr passieren würde, wenn weniger klein gedacht würde. Ich liebe Berlin und sehe eine schöne Zukunft.

 

Das Interview führte Albrecht Behmel.